Donnerstag, 12. Oktober 2017

Mutig sein III

 Teil III

„Kein Panik, M‘am, überlassen Sie das ruhig mir,“ erwiderte er mit einem spöttischen Grinsen in den Rückspiegel, das keineswegs zu meiner Beruhigung beitrug. Indessen lenkte er den ratternden, rumpelnden Wagen ungerührt durch ein kleines Dorf, einen steilen Abhang hinunter auf einen noch schmaleren, steinigen Pfad in ein Zuckerrohrfeld hinein. Hoch ragten die Halme zu beiden Seiten über den Wagen hinaus. In tollkühnen Manövern mühte er sich ab, den zahllosen tiefen Schlaglöchern auszuweichen. „Wo fahren Sie denn hin?“ fuhr ich ihn gereizt an, da ich auf dem Rücksitz erbarmungslos hin und her geschleudert wurde.

 

  
Seine schwarzen, blutunterlaufenen Augen blitzten mich im Rückspiegel bissig an. Er gab dabei ein paar knurrende Laute von sich und setzte dann die Fahrt unbeirrt fort. Ich rutschte immer tiefer in den Sitz, spürte, wie ich von panischer Angst erfasst, feuchte Hände bekam. Tausend Gedanken schossen mir in den Sinn. Was sollte ich machen, wenn er plötzlich den Wagen anhielt und mich ausraubte? Wenn er mir meine Tasche und den neuen Pass wegnahm, mich einfach aus dem Wagen warf und in diesem Gott verlassenen Zuckerrohrfeld zurückließ? Vielleicht sogar umbrachte? Wie lange würde es dauern, bis mich hier jemand fand? Ich warf einen ängstlichen Blick aus dem Fenster. Das Zuckerrohrfeld nahm kein Ende, zog sich endlos lang dahin. Die Hitze in diesem muffigen Wagen wurde immer unerträglicher. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn, starrte auf den wuchtigen Nacken dieses Schwarzen, der mich argwöhnisch im Rückspiegel beobachtete. Nach mehreren hundert Metern wurde der Pfad allmählich breiter und führte schließlich aus dem Zuckerohrfeld hinaus in eine Siedlung aus flachen, langgestreckten Häuserreihen. Der Anblick dieser gewöhnlichen Häuser, löste eine derartige Erleichterung in mir aus, dass ich, wie von einer schweren Last befreit, einmal kräftig ein und tief wieder ausatmete. Zur gleichen Zeit schreckte mich ein dröhnendes Geräusch über dem Wagen auf. Eine Maschine der British West Indian Airways flog in geringer Höhe direkt über uns hinweg auf die angrenzenden Rollbahn zu.
„In fünf Minuten sind wir da, M’am,“ stellte er schnaufend fest. Dicke Schweißperlen rannen über seinen fleischigen Nacken. „Zuckerrohrfeld ist eine Abkürzung. Hauptstraße ist zu voll und Sie wollen Maschine nicht verpassen,“ fügte er mit einem raschen Blick von der Seite noch hinzu.
"Gut, danke", erwiderte ich eher kleinlaut, weil ich ihm gegenüber so misstrauisch gewesen war. Die Aussicht darauf, bald wieder auf meiner Insel und bei Don zu sein, erhellte meine Stimmung und die finsteren Gedanken der letzten Stunde waren augenblicklich verschwunden.

„Was ist denn mit dir los?“ fragte Don, als ich ihm heil  Zuhause angekommen stürmisch um den Hals fiel. „So hast mich ja schon lange nicht mehr begrüßt. Hast du in Trinidad etwa was angestellt?“

„Red‘ nicht solchen Blödsinn. Ich freue mich einfach wieder hier zu sein. Genügt das nicht?“

„Ich weiß nicht recht.“ Skeptisch zog er die Augenbrauen zusammen. „Etwas eigenartig ist das schon.“
„Ach Quatsch. Ich bin wirklich nur froh, wieder hier zu sein. Trinidad ist schrecklich. Es hat mir dort überhaupt nicht gefallen. Die Hitze, der Verkehr, die Taxifahrer. Alles viel schlimmer als hier. Und außerdem stinkt es dort überall nach Öl.“
„Das kommt von den Raffinerien. Trinidad lebt davon.“
„Mag sein, mich kriegt dort jedenfalls keiner mehr hin. Am allerliebsten bin ich bei dir.“
„Hm, wie beruhigend zu wissen. Ach, bevor ich es vergesse, Judith hat angerufen. Sie kommt morgen wieder zur Arbeit. Sie hat mich gefragt, ob sie das Baby mitbringen kann.“
„Und was hast du gesagt.“
„Ja, soll sie ruhig. Ich hoffe, es ist dir recht?“
„Natürlich ist es mir recht. Ich bin doch schon ganz neugierig auf den kleinen Wurm.“
„Soll ich uns einen Drink machen?“
„Gerne, ich zieh‘ mich nur schnell um.“
Nachdem Don in der Küche verschwunden war, eilte ich unter die Dusche, zog danach ein weites, luftiges Baumwollkleid über und setzte mich erfrischt zu ihm auf die Terrasse.
„Worüber schmunzelst du so ?“


*
Wer das Leben als Geschenk betrachtet,
kann gar nicht anders,
als dankbar zu sein.
 
*
Wie es weitergeht ?
Das war leider das vorläufige Ende der kurzen Ausschnitte.
~*~


(Weitere kurze Leseproben sind  HIER  zu finden).

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1 Kommentar:

  1. Du hast gut geschrieben und Spannung aufgebaut.Deine Gesichte hat mir sehr gefallen.

    Ich wünsche dir ein schönes WE
    gabi

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Danke für Deinen Kommentar. Ich freue mich sehr, dass Du Dir die Zeit für ein paar nette Worte nimmst.

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