Ein gelebter Traum, der sich nach einem Jahrzehnt seinem Ende nähert, ohne
dass man selbst den Hauch einer Ahnung davon hätte. Das Leben geschieht.
Es lässt sich nicht aufhalten und schreibt wieder einmal seine ganze eigene
Geschichte. 
Leben, wie in einem Traum
 ~*~
Da wir gerade im Paradies waren, heute mal wieder ein kurzer Auszug aus
meinen Memoiren:
 "Lyn      hat angerufen. Sie wollte sich erkundigen, was wir Silvester machen."
Du      hast doch bestimmt schon was geplant.“
Ärgerlich      schob ich mir das Kissen in den Rücken. „Wie kannst du annehmen, dass      ich etwas plane, ohne es vorher mit dir zu besprechen.“
„Das      machst du doch ständig,“ erwiderte er eigensinnig.
„Wie      bitte? Wie meinst du das?“
„Na,      du kümmerst dich doch jetzt um alles.“
„Was      soll das heißen? Ist es dir nicht recht, wenn ich dir im Büro helfe?“
Er      schwieg.
„Wenn      du ein damit Problem hast, dann lasse ich es eben. Du brauchst es mir nur      zu sagen,“ erwiderte ich ruhig. „Trotzdem würde ich gerne wissen, was      wir Silvester machen. Lyn meinte wir könnten zuerst mit Bill und Beverly      im Arawak zu Abend essen und danach in den Pub fahren. Es war Bills      Vorschlag.“
Er      drehte sich auf den Rücken und schaute an die Decke. „Wird Mike auch da      sein?“
„Was      hat Mike denn damit zu tun. Ich weiß nicht, ob er kommt oder nicht. Lyn      hat nichts gesagt.“
„Mike      ist doch immer dabei. Und dass er scharf auf dich ist, wirst du ja wohl      selbst am besten wissen.“ Ich      beugte mich über ihn und sah ihm direkt in die Augen. „Sag‘ mal, was      ist denn auf einmal mit dir los?“
Er      schlang beide Arme um das Kissen auf seiner Brust. „Ich bin doch nicht      blind. Ich sehe doch, wie er dich immer anstarrt.“
Ich      lachte. „Du bist ja immer noch eifersüchtig. Ich dachte das Thema sei      ein für alle Mal vergessen.“
„Ich      bin nicht eifersüchtig.“
„Na      dann ist ja alles besten. Warum streiten wir uns dann?“
„Wir      streiten uns ja gar nicht.“
„Wunderbar.      Dann kann ich Lyn also zusagen?“
„Meinetwegen.“       Er schloss die Augen und rollte sich auf die Seite.               
Mit      den ersten Weihnachtskarten traf auch eine Karte von Jeannette aus Florida      ein. Sie habe sich gut eingelebt und fühle sich in dem neuen Haus sehr      wohl, schrieb sie. Peter und die Kinder seien ebenfalls ganz begeistert      von der neuen Umgebung. Sie genossen die unendlichen Möglichkeiten, die      sich in den Staaten boten und hätten inzwischen bereits mehrere Ausflüge      unternommen. Das Leben sei so anders dort und es gäbe so viel Neues zu      sehen.
Für      sie ist es das erste Fest in den Staaten, dachte ich, und für mich      bereits das fünfte auf der Insel. Wie schnell die Zeit verging. Es wurde      ein ruhiges Fest. Wir hatten die Feiertage ohne die Clique am Strand      verbracht und abends ein paar Stunden auf der Terrasse gesessen. Wie jedes      Jahr lag an den Weihnachtstagen eine friedliche Stille über der Insel.
Silvester      war Don den ganzen Tag nicht ansprechbar. Er hatte sich zurückgezogen,      lag seit dem frühen Morgen mit Kopfhörern in der Hängematte und ließ      sich von den Commodors berieseln. Jeder Ansatz, jede Bemühung mit ihm zu      reden, endete in stummer Verbitterung. Ich fand keinen Weg zu ihm. Er      hatte die Augen geschlossen und wollte in Ruhe gelassen werden. Schließlich      gab ich es auf und widmete mich dem Garten. Es war ein herrlicher,      wolkenloser Tag. Die Sonne brannte, und vom Meer trieb eine sanfte Brise      durch die Wipfel der Palmen.
Dons      Stimmung änderte sich auch nicht, als wir gegen Abend im Arawak      eintrafen. An den Klippen, wo sich das helle Mondlicht bis zum Horizont im      Meer spiegelte und einen silbrigen Glanz auf die Palmwedel am Strand warf,      ergriff ich seine Hand. „Erinnerst du dich noch an unsere erste      gemeinsame Silvesternacht?“
Für      einen flüchtigen Moment erhellten sich seine Gesichtszüge. Bilder aus      einer glücklichen Zeit schienen vor seinen Augen abzulaufen, einer Zeit,      in der nichts und niemand unsere Liebe erschüttern konnte. Doch dann, mit      einem Mal, als würde er schlagartig von der Gegenwart eingeholt, verhärtete      sich seine Miene wieder. Er entzog mir sein Hand, vergrub sie in der      Hosentasche und ging mit gesenktem Kopf weiter. „Das ist lange her.“       sagt er knapp.
Ich      war wütend, verzweifelt und enttäuscht. Was war denn nur geschehen? Was      war los mit ihm? Warum war er so hartnäckig, so unnachgiebig, so      verschlossen? Warum wollte er mir nicht sagen, was ihn bedrückte? Warum      zog er sich immer mehr zurück? Warum musste er uns den Silvesterabend      verderben? 
Im      VIP-Raum, durch einen separaten Eingang vom Restaurant getrennt, war es      angenehm kühl. Die Clique war bereits vollzählig um den großen, runden      Tisch versammelt und plauderte, wie immer, munter durcheinander.  
„Ah,      da seid ihr ja endlich,“ jubelte Bill, sichtlich erfreut uns zu sehen.       „Wir haben schon auf euch gewartet.“
Die      Köpfe der anderen flogen herum.
„Mal      wieder typisch,“ beschwerte sich Yogi mit gespielter Entrüstung, „nie      könnt ihr pünktlich sein.“ Sein dünnes, von der Sonne ausgebleichtes      Haar fiel ihm wirr in die Stirn.  Er      war braungebrannt.
„Na      ihr wißt doch,.....“ wandte ich mich mit einem versöhnlichen      Seitenblick an Don, „.....die Flitterwochen.“
Don      sagte kein Wort.  
„Flitterwochen?“       grinste Jim. „Du meinst Flitterjahre. Wann hören die bloß endlich      auf?“
Alle,      bis auf Don und Mike, lachten.
Yogi      rückte mir einen Stuhl zurecht, während ich bei Joe, einen Gin Tonic      bestellte und Don, immer noch in tiefes Schweigen gehüllt, nahm auf dem      freien Stuhl zwischen Jim und Lyn Platz. Sie sah hinreißend aus, in ihrem      hellblauen, langen Kleid.
„Schön,      dass ihr endlich da seid,“ meinte Beverly vergnügt lächelnd, während      Mike, der reglos neben ihr saß, das Glas in seiner Hand anstarrte. Eine      beklemmende Stille war plötzlich eingekehrt.
„Hey        Leute, was ist denn auf einmal los?“ fragte Jim, indem er      betreten in die Runde blickte. „Wird das etwa wieder so’n beschissener      Abend im Paradies?“
„Nicht      heute,“ erwiderte Beverly. Beschwingt hob sie ihr Glas und forderte die      anderen auf, mit ihr anstoßen. „Heute wird gefeiert.“
„Joe,      bring uns noch ‚ne Runde am letzten beschissenen Tag im alten Jahr,“       übertönte Bill das Klirren der Gläser und an Jim gewandt fügte er      hinzu. „He Jim, erzähl‘ doch mal die Story mit dem Flugzeug.“
„Oh      bitte, nicht schon wieder,“ winkte Lyn gelangweilt ab, „die haben wir      doch schon hundertmal gehört.“
„Nun      laß‘ ihn doch,“ feixte Bill. Ihn schien allein der Gedanke an diese      Geschichte zu amüsieren.  
„Du      meinst die von dem Typ und der Bananenplantage?“ 
Lyn      gähnte. „Welche denn sonst?“
Jim      zog ein Taschentuch aus seiner Hosentasche, fuhr sich damit über die      Stirn, und steckte es wieder weg. „Also gut, da war dieser verrückte      Typ in St. Lucia, ...“ er hielt inne und vergewisserte sich mit einem      kurzen Blick in die Runde, dass ihm auch alle zuhörten, dann fuhr er      fort. „Ein Freizeitpilot, genau wie ich. Wirklich ein total Verrückter      und immer besoffen.“ Kopfschüttelnd verdrehte er die Augen. „Eines      Tages bekommt er den Auftrag,....“ Er hielt mitten im Satz inne, denn in      diesem Moment traten die Ober an den Tisch, um den ersten Gang zu      servieren. „Ja Leute, jetzt müsst ihr euch leider gedulden, bis ich mit      dem Essen fertig bin,“ grinste er schelmisch.
„Kennt      ihr eigentlich die Geschichte von dem Verbrecher, der aus dem Gefängnis      geflohen ist?“ Augenblicklich waren alle Blicke auf Don gerichtet.      Selbst ich setzte mein Glas ab und starrte ihn an, konnte nicht fassen,      dass er plötzlich das Wort ergriff. „Na ja, ist schon ein paar Jahre      her. Damals war die Polizei hinter dem Verbrecher her,“ fuhr er unbeirrt      fort, „der sich in einem alten Haus versteckt hielt. Irgendwo mitten auf      der Insel. Die haben dann das Haus umstellt. Und plötzlich fallen Schüsse.      Die Polizisten gehen sofort hinter der Gartenmauer in Deckung. Doch der      Mann feuerte so lange auf sie ein, bis sie die Flucht ergriffen. Die haben      alles fallen lassen, selbst ihre Pistolen und sind abgehauen. Und der Mann      immer hinter ihnen her. Einen hat er sogar am Bein erwischt.“
Bill      schossen vor Lachen die Tränen in die Augen. „Nicht zu fassen. Das muss      man sich mal vorstellen,“ wieherte er, wobei sich sein Bauch hob und      senkte. „Schlägt ein Verbrecher die Polizei in die Flucht.“ Er nahm      seine Brille ab, und trocknete sich mit dem Handrücken die Augen.       „Unglaublich.“
Auf      einmal redeten alle lebhaft durcheinander. Selbst Mike stimmte in Bills      gellendes Gelächter ein. Nur mir war nicht nach Lachen zumute. Warum      verhielt Don sich so rätselhaft? Warum tat er so, als sei ich gar nicht      anwesend? Er hatte mich nicht einmal angesehen, während er die Geschichte      erzählte. Sein Blick ging an mir vorbei, oder über mich hinweg. Was      hatte ich ihm nur getan? Warum war er gerade heute so abweisend? War nicht      gerade die Silvesternacht der Zeitpunkt für eine Versöhnung? Um      Mitternacht, wenn sich alle umarmten, küssten, und sich ein glückliches      neues Jahr wünschten?
Bevor      der Nachtisch serviert wurde, schob Don seinen Stuhl zurück und verließ      mit einer flüchtigen Entschuldigung den Raum.
Lyn      beugte sich hinter Yogis Rücken zu mir rüber. „Was ist los mit Don? So      kenne ich ihn ja gar nicht.“
„Ich      weiß es nicht. Er verhält sich schon seit einiger Zeit so merkwürdig.“
„Habt      ihr Probleme mit der Firma?“
Ich      trank einen Schluck Wein. „Nein, im Gegenteil. Seit wir in Deutschland      waren und die Vertretung dieser Nylonware übernommen haben, läuft die      Firma ausgesprochen gut.“
„He,      wir sollten langsam aufbrechen,“ rief Bill dazwischen. „Im Pub wird      schon die Hölle los sein.“
Erst      jetzt fiel mir auf, dass bereits eine halbe Stunde vergangen war, seit Don      den Raum verlassen hatte.
„Wo      ist Don überhaupt?“ stellte nun auch Jim mit einem Blick auf die Uhr      fest.
Yogi      stand auf und ging zur Tür. „Ich sehe mal nach.“ Als er zehn Minuten      später zurückkam, blieb im Türrahmen stehen. „Er ist weg.“
Ich starrte ihn an. „Er ist weg? Das kann doch nicht sein.“
„Vielleicht ist er an der Bar,“ meinte Beverly.
Yogi zuckte die Schultern. „Da war ich auch schon. Joe sagt, er sei gegangen.“
„Ich verstehe das nicht,“ sagte ich leise.
Lyn legte den Arm um mich. “Wir werden ihn schon finden.“
„Wieso verschwindet er einfach? Gerade heute?“
„Habt ihr euch gestritten?“
Ich schüttelte den Kopf. „Er spricht ja kaum ein Wort mit mir.“
Bill gab dem Ober ein Zeichen, den Tisch abzuräumen. „Er wartet bestimmt auf dem Parkplatz.“
„Da war ich auch schon,“ sagte Yogi. „Das Auto ist weg.“
„Schöne Bescherung,“ murmelte Jim betroffen, „was machen wir denn jetzt?“ Die anderen schüttelten ratlos den Kopf.
Von einer dumpfen innerer Unruhe erfasst, sprang ich auf und ging um den Tisch herum. „Ich fahre nach Hause. Vielleicht ist er dort,“ sagte ich und machte Mike Platz, der an mir vorbei wollte. An der Tür drehte ich mich noch einmal um. „Tut mir leid, wenn wir euch den Abend verdorben haben,....und ein frohes, neues Jahr.“
„Frohes, neues Jahr. Und viel Glück,“ winkten sie mir nach.
Eilig lief ich in der Dunkelheit über den schmalen Weg am Pool vorbei, bis plötzlich eine Gestalt aus dem Schatten der Palme in das matte Licht des Mondes trat, und mir den Weg versperrte. Unwillkürlich wich ich einen Schritt zurück. „Meine Güte, hast du mich erschreckt.“
Gegen den Palmenstamm gelehnt zündete Mike sich eine Zigarette an. „Soll ich dich fahren?“ Ein schwacher, silbriger Lichtschein fiel durch die Palmwedel in sein Gesicht. „Ich fahre dich, wohin du willst.“
Das hat mir gerade noch gefehlt, dachte ich, Don würde völlig durchdrehen, wenn er Mike und mich irgendwo zusammen sah. „Nein danke, ich nehme ein Taxi,“ erwiderte ich kurz angebunden und hielt inne, als er sich mir abermals in den Weg stellte. Seine Augen hatten einen bitteren Ausdruck angenommen. Scheinbar gelassen warf er die Zigarette direkt vor meine Füße. „Wie du willst,“ sagte er kalt, während er sie energisch austrat. Dann ging er mit großen, schnellen Schritten davon.
Einen Augenblick lang sah ich ihm verwundert nach, dann eilte ich zur Rezeption. Meine Ungeduld wuchs, während ich auf das Taxi wartete, in meinem Kopf schwirrten immer dieselben Fragen. Warum war Don so plötzlich, ohne ein Wort zu sagen, verschwunden? War er wirklich nach Hause gefahren? Und wenn nicht, wo sollte ich ihn suchen? Als sich das Taxi endlich näherte, bemerkte ich, dass meine Hände zitterten. Der Fahrer, ein hagerer Schwarzer öffnete mir freundlich lächelnd die Tür. „Zur Chancery Lane,“ bat ich ihn.
„Ja, M’am, Chancery Lane. Ich kenne Chancery Lane, M’am.“
„Gut, ich habe es nämlich eilig.“
Den Fahrer jedoch schien das nicht zu beeindrucken. Behutsam lenkte er den Wagen in der Dunkelheit über die schmale, holprige Straße. Er bog zweimal ab, bevor er weit ausscherte und in einem großen Bogen in die Einfahrt fuhr, die zu unserem Haus führte. Schon von weitem sah ich, dass Dons Wagen nicht vor der Garage stand. Meine innere Unruhe wuchs von Minute zu Minute. Rasch drückte ich dem Fahrer das Geld in die Hand, und kramte in der Handtasche nach meinen Autoschlüsseln. Ich war traurig und wütend zugleich. Wo sollte ich hinfahren? Wo war er? Ich konnte unmöglich die ganze Insel nach ihm absuchen. Ob er vielleicht schon im Pub war? Mit einem Blick auf die Uhr, stellte ich fest, dass es bereits zehn vor zwölf war. Wenn ich mich beeilte, schaffte ich es vielleicht bis Mitternacht dort zu sein. Entschlossen setzte ich den Wagen über die Einfahrt bis auf die Straße zurück, dann gab ich Gas. In der Finsternis um mich herum schien das Leben erloschen. Nichts regte, nichts bewegte sich. Die wenigen Häuser, an denen ich vorbeifuhr, standen verlassen. Die Bewohner waren in dieser Nacht unterwegs, feierten das neue Jahr auf einer der vielen Partys. Nur auf dem Hügel, oberhalb der Straße entdeckte ich ein paar Lichter. Ich wollte in dieser Nacht nicht alleine sein, musste mich beeilen, mehr Gas geben, wenn ich rechtzeitig im Pub sein wollte, um das neue Jahr mit Don zu beginnen. Der Wagen wurde immer schneller, raste auf der schmalen Straße vorbei an dunklen Chattelhäusern und Feldern, bis hinter einer scharfen Kurve plötzlich ein paar rote Lichter in der Dunkelheit auftauchten. Zu spät nahm ich wahr, dass es die Rücklichter einiger Autos waren, die mitten auf der Straße standen. Blitzschnell wechselte ich den Fuß vom Gaspedal auf die Bremse, trat sie voll durch und riss gleichzeitig das Lenkrad herum. Mit quietschenden Reifen schoss der Wagen zuerst auf die linke, dann auf die rechte Straßenseite, von dort rutschte er unaufhaltsam auf die Autos zu. Ich stemmte mich mit aller Kraft gegen das Lenkrad, schloss die Augen und wartete mit angehaltenem Atem darauf, dass es krachte. Doch nichts geschah. Wie benommen starrte ich durch die Frontscheibe auf die jungen Einheimischen, die unter lautem Hupen und dröhnenden Reggaeklängen aus ihren Autos kletterten und sich mitten auf der Straße in die Arme fielen. „Frohes neues Jahr. Frohes neues Jahr,“ jubelten sie, hüpften und tanzten dabei in fröhlicher Ausgelassenheit vor meinen Augen auf der Straße herum. Zur gleichen Zeit setzte in der kleinen Kapelle am Straßenrand das rhythmische Händeklatschen der Gospelsänger ein. Auld Lang Syne. Ihr Gesang drang durch die weit geöffnete Tür bis auf die Straße, vermischte sich mit dem Reggae aus den Autoradios und den anhaltenden Jubelrufen der jungen Leute. „Frohes neues Jahr.“
„Vielleicht ist er an der Bar,“ meinte Beverly.
Yogi zuckte die Schultern. „Da war ich auch schon. Joe sagt, er sei gegangen.“
„Ich verstehe das nicht,“ sagte ich leise.
Lyn legte den Arm um mich. “Wir werden ihn schon finden.“
„Wieso verschwindet er einfach? Gerade heute?“
„Habt ihr euch gestritten?“
Ich schüttelte den Kopf. „Er spricht ja kaum ein Wort mit mir.“
Bill gab dem Ober ein Zeichen, den Tisch abzuräumen. „Er wartet bestimmt auf dem Parkplatz.“
„Da war ich auch schon,“ sagte Yogi. „Das Auto ist weg.“
„Schöne Bescherung,“ murmelte Jim betroffen, „was machen wir denn jetzt?“ Die anderen schüttelten ratlos den Kopf.
Von einer dumpfen innerer Unruhe erfasst, sprang ich auf und ging um den Tisch herum. „Ich fahre nach Hause. Vielleicht ist er dort,“ sagte ich und machte Mike Platz, der an mir vorbei wollte. An der Tür drehte ich mich noch einmal um. „Tut mir leid, wenn wir euch den Abend verdorben haben,....und ein frohes, neues Jahr.“
„Frohes, neues Jahr. Und viel Glück,“ winkten sie mir nach.
Eilig lief ich in der Dunkelheit über den schmalen Weg am Pool vorbei, bis plötzlich eine Gestalt aus dem Schatten der Palme in das matte Licht des Mondes trat, und mir den Weg versperrte. Unwillkürlich wich ich einen Schritt zurück. „Meine Güte, hast du mich erschreckt.“
Gegen den Palmenstamm gelehnt zündete Mike sich eine Zigarette an. „Soll ich dich fahren?“ Ein schwacher, silbriger Lichtschein fiel durch die Palmwedel in sein Gesicht. „Ich fahre dich, wohin du willst.“
Das hat mir gerade noch gefehlt, dachte ich, Don würde völlig durchdrehen, wenn er Mike und mich irgendwo zusammen sah. „Nein danke, ich nehme ein Taxi,“ erwiderte ich kurz angebunden und hielt inne, als er sich mir abermals in den Weg stellte. Seine Augen hatten einen bitteren Ausdruck angenommen. Scheinbar gelassen warf er die Zigarette direkt vor meine Füße. „Wie du willst,“ sagte er kalt, während er sie energisch austrat. Dann ging er mit großen, schnellen Schritten davon.
Einen Augenblick lang sah ich ihm verwundert nach, dann eilte ich zur Rezeption. Meine Ungeduld wuchs, während ich auf das Taxi wartete, in meinem Kopf schwirrten immer dieselben Fragen. Warum war Don so plötzlich, ohne ein Wort zu sagen, verschwunden? War er wirklich nach Hause gefahren? Und wenn nicht, wo sollte ich ihn suchen? Als sich das Taxi endlich näherte, bemerkte ich, dass meine Hände zitterten. Der Fahrer, ein hagerer Schwarzer öffnete mir freundlich lächelnd die Tür. „Zur Chancery Lane,“ bat ich ihn.
„Ja, M’am, Chancery Lane. Ich kenne Chancery Lane, M’am.“
„Gut, ich habe es nämlich eilig.“
Den Fahrer jedoch schien das nicht zu beeindrucken. Behutsam lenkte er den Wagen in der Dunkelheit über die schmale, holprige Straße. Er bog zweimal ab, bevor er weit ausscherte und in einem großen Bogen in die Einfahrt fuhr, die zu unserem Haus führte. Schon von weitem sah ich, dass Dons Wagen nicht vor der Garage stand. Meine innere Unruhe wuchs von Minute zu Minute. Rasch drückte ich dem Fahrer das Geld in die Hand, und kramte in der Handtasche nach meinen Autoschlüsseln. Ich war traurig und wütend zugleich. Wo sollte ich hinfahren? Wo war er? Ich konnte unmöglich die ganze Insel nach ihm absuchen. Ob er vielleicht schon im Pub war? Mit einem Blick auf die Uhr, stellte ich fest, dass es bereits zehn vor zwölf war. Wenn ich mich beeilte, schaffte ich es vielleicht bis Mitternacht dort zu sein. Entschlossen setzte ich den Wagen über die Einfahrt bis auf die Straße zurück, dann gab ich Gas. In der Finsternis um mich herum schien das Leben erloschen. Nichts regte, nichts bewegte sich. Die wenigen Häuser, an denen ich vorbeifuhr, standen verlassen. Die Bewohner waren in dieser Nacht unterwegs, feierten das neue Jahr auf einer der vielen Partys. Nur auf dem Hügel, oberhalb der Straße entdeckte ich ein paar Lichter. Ich wollte in dieser Nacht nicht alleine sein, musste mich beeilen, mehr Gas geben, wenn ich rechtzeitig im Pub sein wollte, um das neue Jahr mit Don zu beginnen. Der Wagen wurde immer schneller, raste auf der schmalen Straße vorbei an dunklen Chattelhäusern und Feldern, bis hinter einer scharfen Kurve plötzlich ein paar rote Lichter in der Dunkelheit auftauchten. Zu spät nahm ich wahr, dass es die Rücklichter einiger Autos waren, die mitten auf der Straße standen. Blitzschnell wechselte ich den Fuß vom Gaspedal auf die Bremse, trat sie voll durch und riss gleichzeitig das Lenkrad herum. Mit quietschenden Reifen schoss der Wagen zuerst auf die linke, dann auf die rechte Straßenseite, von dort rutschte er unaufhaltsam auf die Autos zu. Ich stemmte mich mit aller Kraft gegen das Lenkrad, schloss die Augen und wartete mit angehaltenem Atem darauf, dass es krachte. Doch nichts geschah. Wie benommen starrte ich durch die Frontscheibe auf die jungen Einheimischen, die unter lautem Hupen und dröhnenden Reggaeklängen aus ihren Autos kletterten und sich mitten auf der Straße in die Arme fielen. „Frohes neues Jahr. Frohes neues Jahr,“ jubelten sie, hüpften und tanzten dabei in fröhlicher Ausgelassenheit vor meinen Augen auf der Straße herum. Zur gleichen Zeit setzte in der kleinen Kapelle am Straßenrand das rhythmische Händeklatschen der Gospelsänger ein. Auld Lang Syne. Ihr Gesang drang durch die weit geöffnete Tür bis auf die Straße, vermischte sich mit dem Reggae aus den Autoradios und den anhaltenden Jubelrufen der jungen Leute. „Frohes neues Jahr.“
Ich sackte in mich zusammen. Mitternacht. Das neue Jahr hatte soeben begonnen und ich war allein. Allein auf einer dunklen Straße, eingekreist von einer Schar singender und tanzender Einheimischen, die mir mit Bierflaschen in der Hand, übermütig zuwinkten. Zum ersten Mal in meinem Leben war niemand da, der mich in der Silvesternacht in die Arme nahm und mir ein frohes neues Jahr wünschte.
 Träumen heißt:
Existieren.
Träume verwirklichen heißt:
LEBEN !
Traurig ist allerdings, wenn man seine Träume nicht realisiert,
so lange man Gelegenheit dazu hat.
~*~
Menschen mit großen Träumen sollten bereit sein, große Risiken einzugehen.
Heraklit von Ephesos war ein vorsokratischer Philosoph.
Er lebte in der Zeit um 520 v. Chr.bis um 460 v. Chr.
Heraklit von Ephesos war ein vorsokratischer Philosoph.
Er lebte in der Zeit um 520 v. Chr.bis um 460 v. Chr.
~*~
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Der Text unterliegt dem Copyright  © Lauras Home and Garden 
🌴 Bilder erstellt mit Freude 😊 und KI by Lauras Home and Garden🌴 
 

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Danke für Deinen Kommentar. Ich freue mich sehr, dass Du Dir die Zeit für ein paar nette Worte nimmst.
Aufgrund der neuen Datenschutzrichtlinien (DSGVO) bitte ich folgendes zu beachten:
Mit der Nutzung der Kommentarfunktion dieser Webseite, die von Google zur Verfügung gestellt wird, erklärst Du Dich mit der Speicherung und Verarbeitung Deiner Daten auf dem Google- Server einverstanden.