Mittwoch, 8. Dezember 2021

Weihnachten wie es früher war

Wenn ich an die Heiligen Abende in meiner Kindheit zurückdenke,
wird mir ganz warm ums Herz.
 

Wahrscheinlich erleben wir die schönsten Weihnachtsfeste in der Kindheit,
als die Tage vor dem Fest noch voller Geheimnisse und Vorfreude waren.
Wenn Plätzchen gebacken wurden und es im ganzen Haus nach Pfeffernüssen,
Bratäpfeln und Zimtsternen duftete. Wenn dicke Flocken vom Himmel rieselten
und wir Kinder uns an den Fensterscheiben die Nasen plattdrückten.

Am Heiligen Abend mussten mein Bruder und ich schon morgens das Haus
verlassen und uns auf den Weg zur Großmutter machen, die nur ein paar
Kilometer entfernt wohnte. Bei ihr verbrachten wir den Tag und hofften, dass
das Christkind während dieser Zeit, auch zu unserem Haus kommen würde.
Die Eltern bereiteten inzwischen das Weihnachtsfest vor.
Vater schmückte den Baum und sorgte dafür, dass genügend Holz und Kohlen
bereitstanden, damit es im Wohnzimmer mollig warm war, während Mutter
die Geschenke verpackte und das Weihnachtsessen zubereitete.
 
Erst wenn es dunkel wurde, machten wir uns zusammen mit der Großmutter
wieder auf den Weg nach Hause. Ich werde nie vergessen, wie heimelig und
stimmungsvoll dieser Weg nach Hause war. Welch stiller und wundersamer
Friede uns umgab, als wir in der Dunkelheit durch den Schnee stapften und
die Flocken auf uns herabrieselten. Wie wir in wärmenden Wintermänteln
eingemummelt, mit Mütze, Schal und Handschuhen, schweigend Hand in
Hand den langen Weg nach Hause liefen.
Wie menschenleer und verlassen die Straßen und Wege um diese Zeit bereits
waren, weil sich alle in den Häusern aufhielten und auf den Heiligen Abend
vorbereiteten. Manche Fenster waren hell erleuchtet, an anderen konnte man
hinter den Gardinen den Tannenbaum mit all seinen Kerzen, Weihnachtskugeln
und Sternen erkennen. In der Ferne war das Glockenläuten der Kirche zu hören.
Eine wundersame, feierliche Stimmung begleitete uns auf dem ganzen Weg nach
Hause, wo wir bereits von Mutter und Vater erwartet wurden.
Welch eine Vorfreude jetzt in der Luft lag. Vater hatte die Kerzen am
Tannenbaum angezündet und Mutter servierte das Essen. Es gab jedes Jahr
eine Hühnersuppe mit Reis und Gemüse und als Nachtisch wurde ein Glas
eingemachtes Obst aus dem Vorratskeller geholt. Mal waren es Birnen, mal
Pfirsiche. Bald nach dem Essen fand die Bescherung statt.
Wir Kinder hatten natürlich auch immer eine Kleinigkeit für die Eltern und die
Oma. In den ersten Jahren bekam jeder ein mit Buntstiften gemaltes Bild.
Später, als wir schon etwas Taschengeld erhielten, gab es für Mutter schon
mal eine Schachtel Pralinen, für Vater ein paar Zigarren und für Oma ein
Fläschchen 4711. Alles wurde sorgfältig in das dünne Weihnachtspapier
verpackt und mit einer Schleife versehen.
Für uns Kinder gab es immer einen großen, weihnachtlichen Teller mit
allerhand Süßigkeiten, selbstgebackenen Plätzchen, Nüssen und Äpfeln, von
dem wir am Heiligen Abend schon fleißig naschten.
 

Und es gab etwas Selbstgebasteltes. Mal eine Puppenstube, mal ein Schaukelpferd,
mal einen aus der Wolle eines zu klein gewordenen Pullovers, einen neuen mit
zusätzlich rein gestrickter Wolle. Mal war es ein Schal oder Handschuhe.
 Später gab es auch eine Puppe und einen Puppenwagen. Ach, es war so schön und
wir Kinder konnten uns über alles soooo sehr freuen.

Nach der Bescherung wurden die Wunderkerzen am Baum angezündet und wir
Kinder spielten auf der Blockflöte und sagten ein Gedicht auf.  Dann wurden
Weihnachtslieder gesungen. Alle sangen mit, der Vater, die Mutter, die Oma und
wir Kinder.
Stille Nacht, heilige Nacht, haben wir gesungen und
oh du fröhliche, oh die selige Weihnachtszeit.

Ja, das war sie, eine fröhliche, eine selige und eine friedvolle Weihnachtszeit in
meiner Kindheit, verbunden mit so viel Wärme, Liebe und Geborgenheit. Ganz
besonders zur Weihnachtszeit vermisse ich meine Eltern, weil sie ganz besondere
Eltern waren. Liebevoll und fürsorglich, die uns Kindern sehr viel Freiheit
eingeräumt haben - bis wir selbstständig und für unser Leben selbst
verantwortlich waren.
 
 
Wie schön, dass die Erinnerungen an die Weihnachtszeit in der Kindheit nie
verloren gehen, denn sie wärmen auch heute noch das Herz.
 
~*~
 
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

4 Kommentare:

  1. Hallo Laura,
    ist ja schön für dich, daß du so sehr an die Weihnachtstimmung deiner Kindheit dankbar denkst.
    Wenn ich so über meine damalige Zeit so nachdenke, nun gut, wo ich noch kleiner war, habe ich mich auch auf Weihnachten gefreut. Nur sind da die Bäume nicht so sehr in den Himmel gewachsen. In den 50er Jahren war vieles knapper und teurer wie heute. Alles was importiert wurde mußte ja erst einmal verdient und erwirtschaftet werden. Deswegen waren Südfrüchte knapper und die gab es nicht alle Tage. Zu Weihnachten gab es dann eben so eine Tüte oder Körbchen mit Mandarinen, Bananen, Apfelsinen, Nüßen und Lebkuchen sowie Schokolade. Es gab dann noch nützliche Dinge, wie Anziehsachen, die eh gebraucht wurden, aber geschickt als Weihnachtsgeschenke erhalten mußten. Meistens nur ein Spielzeug und nicht immer das heiß begehrte. Schon als Kind (Jungfrauenkinder gelten als die Schwierigsten, weil frühzeitig altklug und die Eltern / Erwachsenen mit Fragen löchernd) dachte ich da eher in die Richtung, da wird es wieder Wollstrümpfe, neue Handschuhe und Mütze geben.
    Solange unsere Tochter kleiner war haben wir ja auch zünftig Weihnachten gefeiert. Heuer auch noch, weil da legen unsere Enkelkinder noch Wert drauf.
    Nur, der Kirchenliedschmetterer war ich noch nie. Davon abgesehen, heutzutage ist Weihnachten in den meisten Fällen nur noch Kitsch, Gefühlsduselei und vor allem knallharter Kommerz bzw. Konsumrausch. Die wenigsten Menschen feiern ja noch nach dem ursprünglichen Sinngehalt.
    Und diese schon Wochen vorher überall runtergeleierte Weihnachtsmusik kann ich eh nicht ab, weil gewöhnlich nur noch englische Lieder. Auch da merkt man, daß der deutsche EselIn degeneriert und seine Kultur eher negiert.

    VG
    Oskar

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    1. Es war eine Zeit, lieber Oskar, in den besagten Jahren, als man sich noch über Kleinigkeiten so sehr freuen konnte und dankbar war. Weder meine Großeltern, noch meine Eltern und erst recht wir Kinder kannten das gar nicht anders. Die Menschen in diesen Zeiten, insbesondere in den Nachkriegsjahren wussten jedoch das Wenige, das sie besaßen, zu schätzen. Das kann sich jemand, der das nicht erlebt hat, heute gar nicht mehr vorstellen.
      Ja, heute ist es nur noch Kommerz. Schlimm, wenn man sieht, welcher Ramsch teilweise gekauft und irgendwann wieder entsorgt wird. Das ist die Wegwerf-Generation, die der Smartphones. In Zeiten der KI, der Roboter, der digitalen Welt, geht das Wesentliche immer mehr verloren und das Natürliche wird verdrängt. Die Menschen wissen gar nicht, was ihnen damit entgeht. Das ganze Künstliche und Materielle sind wahrlich kein Ersatz für das Natürliche. Was heute zählt, ist das immer mehr-haben-wollen, ist die Gier, als Ersatz für die innere Unzufriedenheit, die fehlende Liebe. Selbst jetzt, in der Pandemie, müssen die Menschen partout auf ein Kreuzfahrtschiff, um sich dort anzustecken, anstatt wenigstens in dieser schweren Zeit mal zu Hause zu bleiben. Nein, von Vernunft und Verstand kann in diesem Land bei den meisten Menschen keine Rede sein, nicht einmal in der BESINNLICHEN Weihnachtszeit.
      Ich fürchte auch um unsere Kultur und um unsere schönen, alten Traditionen, wie ich sie noch aus meiner Kindheit kenne. Aber das ist lange her und für alle Zeiten vorbei. Deshalb erinnere ich mich auch sehr gerne mit großer Dankbarkeit an diese Zeit.
      Meine Sorge ist - aber das werde ich nicht mehr erleben-, dass Weihnachten und Ostern in unserem Land irgendwann gar keine Rolle mehr spielen wird.

      Daher wünsche ich dir und deiner Familie eine friedvolle und besinnliche Weihnachtszeit und sende liebe Grüße zu dir.
      Laura, die heute wieder leckere Plätzchen backen wird.
      Mach's gut lieber Oskar an einem hoffentlich angenehmen und entspannten Tag !

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  2. Das ist eine sehr romantische Weihnacht, die du beschreibst. Fast zu schön. Ich versuche gerade aus den Bruchstücken, die mir in Erinnerung sind, ein Bild zu formen. Wie bei meinem Vorschreiber ging es bei uns auch eher bescheiden zu was Geschenke und Co angeht. Bin ja auch ein Kind der 1950 ziger Generation.

    Ich erinnere, mir einmal ein Puppenklo gewünscht zu haben. Damit meinte ich eine Erweiterung meiner Puppenstube um ein Badezimmer mit Klo, Wanne etc. Eine Freundin hatte sowas. Was habe ich bekommen: ein Pinkeltöpfchen für meine Puppe Waltraud, die ich ohnehin nicht ausstehen konnte, weil sie so starre Augen hatte. Das hat mein Vertrauen in das Christkind nachhaltig erschüttert.

    Geliebt habe ich immer die Tannenbäume. Groß, und wohlgewachsen mussten sie sein, geschmückt wurde anfangs noch mit Schmuck aus dem Elternhaushalt meines Vaters. Schwere Silberkugeln, glitzernde Pappsterne, echte Kerzen und viel Lametta - Opa Hoppenstedt aus dem Weihnachts-Loriotsketch muss ich da unbedingt beipflichten : "früher war mehr Lametta". Später haben wir Kinder mit Muttern aus Stanniol Weihnachtsschmuck gebastelt (heute würde ich sagen: der war stark gewöhnungsbedürftig). Die Kugeln wurden bunter und hatten weiße Applikationen. Einige habe ich bis heute, genau wie die Silberkugeln. Oben auf der Tannenbaumspitze umkreisten zwei Engel einen Stern. Angetrieben von Kerzen, je wärmer es wurde, je schneller wurden die Engel und schlugen dabei immer an eine Glocke. Himmlisch, ich habe es geliebt. Einmal ist das Teil in Brand geraten und mein Vater hatte Mühe, mit nassem Feudel und Entschlossenheit den Tannenbaumbrand zu verhindern. Danach war es angekokelt und verbogen, und die Engel hatten keinen Bock mehr permanent zu frohlocken.

    Schnee zu Weihnachten gab es hier selten. Was es am Heiligabend zu essen gab, erinnere ich nicht. Wird irgendwas einfaches gewesen sein. Das Festtagsessen gab es am 1. Weihnachtstag. Singen war mir immer peinlich. Wir Kinder haben aber schon mal die Blockflöte gezückt und ein einstudiertes Weihnachtsliedchen zum besten gegeben.

    Was ich genossen habe, war das Zusammensein mit der Familie. Gar nicht die Geschenke, sondern einfach mal das Miteinander.

    LG Christiane

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    1. Gerade weil es fast zu schön ist, um wahr zu sein, sind mir diese Weihnachtsfeste auch so gut in Erinnerung geblieben, liebe Christiane. Bei uns ging es ebenfalls sehr bescheiden zu. Die Hühnersuppe musste drei Tage reichen. Es war ein großer Topf, der da auf dem Kohleofen vor sich hin kochte.
      Wir haben uns eigentlich nie etwas gewünscht, sondern haben es dem Christkind überlassen, mit welchem Geschenk es uns überraschen würde. Deine Puppe Waltraud sehe ich jedoch vor mir. Ich kann mich an eine solche Puppe auch noch gut erinnern. Auch an das silberne Lametta, die silbernen Kugel, auf den es kleine Motive zu entdecken gab und natürlich an die echten Kerzen, denn elektrische gab es zu der Zeit noch gar nicht. Und die damaligen Tannenbäume dufteten noch nach Tanne, was es heutzutage auch kaum noch gibt, weil sie mit Pestiziden eingesprüht werden, die sich im warmen Zimmer durch das Einatmen schädlich auf die Gesundheit auswirken können. Ja, in der Tat, früher war mehr Lametta - ich liebe die Loriot-Sketche. Erst neulich habe ich zufällig mal wieder einen gesehen: "Das Bild hängt schief"! Zu sehen auf YouTube. Immer wieder köstlich !!!!:o))))))

      In meiner Kindheit schneite es in den Wintermonaten noch reichlich. Ich kann mich gar nicht an ein Weihnachtsfest ohne Schnee erinnern. Wir haben noch dicke und große Schneemänner gebaut.

      Das Festessen fiel in den späteren Jahren - also nach dem Wirtschaftswunder!, auch schon etwas üppiger aus. Da gab es dann auch schon mal einen Braten zu Weihnachten, mit Rotkohl und selbstgemachten Klößen, die mein Vater an seine alte Heimat Schlesien erinnerten. Aber immer wurde der Tisch festlich gedeckt, mit einer weißen Damast-Tischdecke, dem feinen Sonntagsgeschirr und dem Silberbesteck.
      Wie es scheint, habe ich es als Kind schon verstanden, alles Schöne tief in mich aufzusagen, ganz bewusst wahrzunehmen und zu erleben. Man sagt allerdings auch, Kinder, die sich gut an ihre Kindheit erinnern können, hatten eine gute Kindheit, die sie für ihr Leben prägt. Anders soll das bei Kindern sein, die sich nicht an ihre Kindheit erinnern können. Das soll sich auf deren späteres Leben eher negativ auswirken. Ob das so ist, kann ich nicht beurteilen.
      Jedenfalls gehören diese schönen, besinnlichen, fröhlichen, friedvollen und feierlichen Weihnachtsfest leider der Vergangenheit an. Schade !

      Ich wünsche dir dennoch eine schöne, ruhige und friedliche Weihnachtszeit, was dir nicht schwerfallen sollte, und ich hoffe, dass wir dazu auch noch mit ein wenig Schnee überrascht werden.

      Mach's gut, liebe Christiane und hab Dank für die Beschreibung deiner Erinnerung an Weihnachten.
      In diesem Sinne ganz liebe Grüße mit den besten Wünschen für einen gemütlichen 3. Advent von
      Laura, die, wie gesagt, auch heute wieder Plätzchen backen muss, weil die anderen weggegangen sind, wie warme Semmel ;o)).

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