Samstag, 2. August 2014

Ein Feiertag

 
Heute wäre sie 94 Jahre alt geworden, denn heute ist ihr Geburtstag.
Am heutigen Tag erinnere ich all die Geburtstage, die wir gemeinsam gefeiert
haben. Zu denen die Familie, Nachbarn und Freunde eingeladen waren. Ich
erinnere die Stunden geselligen Beisammenseins. Stunden der Freude, des
Lachens und eines liebevoll gedeckten Kaffeetisches mit selbstgebackenem
Kuchen. Ich erinnere die Stunden, in denen immer wieder viele kleine
Anekdoten erzählt
wurden. Ich erinnere die Momente, in denen zur Feier Deines Ehrentages
mit einem Glas Sekt auf Dein Wohl angestoßen wurde und ich erinnere die
Momente der Wehmut, dass nun wieder ein Lebensjahr vergangen war.
 
Deine Eltern, meine Großeltern
 
Doch immer schautest Du am Beginn eines neuen Lebensjahres positiv in die
Zukunft. Du warst immer gesund. Erst in späteren Jahren, als Du das 80zigste
Lebensjahr bereits überschritten hattest, konntest Du Dich nicht mehr alleine
versorgen. Das war schlimm für Dich. Es fiel Dir sehr schwer, das zu akzeptieren
und auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Du, die immer selbstständig war, die
so gerne reiste, die so gerne mit ihren Freundinnen etwas unternahm, die so
voller Lebensfreude und Zuversicht war.
Bis ins hohe Alter warst Du so unternehmungslustig, so gesellig und so gerne
unter Menschen. Und auf einmal warst Du so hilflos. Das war nicht nur schlimm
für Dich, es war auch ganz besonders schlimm für mich.
Mit anzusehen, wie Deine Kraft immer mehr nachließ und Deine Lebensfreude
einer stillen Trauer wich. Wie tapfer Du versuchtest, das zu ertragen,  nicht zu
klagen und nicht zu jammern, auch wenn Dir die Schmerzen im Gesicht abzu-
lesen waren.
Mir brach es fast das Herz, Dich so zu sehen, mit anzusehen, dass Du immer
stiller wurdest, kaum noch vermochtest zu sprechen oder zu lächeln.
 
Unser letztes gemeinsames Foto
 
~*~

Jedes Mal, wenn ich Dich in Deinem Rollstuhl im Park spazieren fuhr, dachte
ich daran, dass DU es einst warst, die mich vor über sechzig Jahren im Kinder-
wagen über diese altbekannten und gewohnten Wege geschoben hat. Und
jedes Mal wurden Erinnerungen an die Kindheit wach. An Dich und Vater,
an die Zeit, als wir noch als Familie zusammenlebten und gemeinsamen in
diesem Park spazieren gingen, bis es mich hinaus in die Welt zog.
Nun warst Du alt, bist Deinen Weg gegangen. Ich hatte mir so gewünscht,
Du würdest noch eine Weile bei uns bleiben.
Doch Du warst müde, hattest keine Kraft und keinen Lebenswillen mehr.
Seit acht Jahren bist Du nicht mehr bei uns.
Und es fällt mir immer noch oft schwer, das zu begreifen.
Heute nun ist Dein Ehrentag, Dein Geburtstag.
Ein Tag, an dem ich – wie in jedem Jahr – besonders intensiv an Dich denke.
Eigentlich vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht an Dich denke, aber heute
feiere ich Deinen Ehrentag und ich weiß, Du wirst ihn auf irgendeine Weise
mit mir feiern und bei mir sein.
DANKE MUTTER !
 
~*~*~*~

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