Samstag, 5. Juli 2014

Vor einiger Zeit ......

  las ich den Post einer Bloggerin, der schlagartig Die Erinnerung an das Zimmer
meiner Großmutter wachrief, in dem ich schlief, wenn ich bei ihr übernachten
durfte.
 
 
Ich sehe dieses Zimmer noch genau vor mir. Das große Doppelfenster mit den
cremefarbenen Spitzengardinen. Davor ein rundes Rauchertischchen aus Nuss-
baumholz und daneben eine Stehlampe mit einem ziemlich großen Stoffschirm,
dessen unterer Rand eine goldfarbene Fransenbordüre zierte. Ein- und aus-
schalten konnte man das Licht, in dem man an einer ebenfalls goldfarbenen
Kordel zog. Direkt unter dieser Lampe, auf einer Häkeldecke, befanden sich der
Rundfunkempfänger und ein schwerer Kristallaschenbecher aus der Zeit, als
mein Großvater noch lebte.
 
(Die Clematis - so farbenfroh wie das Leben)
 
Sieben oder acht Jahre alt muss ich gewesen sein, als ich das eine oder andere
Mal in diesem Zimmer übernachtete. Morgens machte ich mich dann von dort
aus auf den Weg zur Schule, die nur ein paar Straßen entfernt war.
 
(Meine geliebte Annabelle - so zerbrechlich,
wenn es regnet und stürmt und doch so standhaft !)
 
~*~

Wie diese Bloggerin, so lag auch ich abends noch lange wach und starrte in der
Dunkelheit an die Zimmerdecke, um zu beobachten, wie das Scheinwerferlicht
der vorbeifahrenden Autos, je nach dem aus welcher Richtung sie kamen, mal
von der rechten- und mal von der linken Seite aus, über die Wand und die
Zimmerdecke huschte. Autos waren damals noch sehr selten. Ich kann mich
daran erinnern, dass mein Bruder und ich an Regentagen manchmal am Fenster
saßen und Strichlisten über die Anzahl und Marken der vorbeifahrenden Autos
 führten nur so zum Spaß. Auf diese Idee würden Kinder heute wohl nicht
mehr kommen, und wenn, dann würde es dafür ganz sicher spezielle Apps oder
Computersoftware geben. Sie würden daddeln, statt mit ordentlich angespitzten
Buntstiften Strichlisten führen. Überhaupt finde ich, dass Kinder und Jugendliche
ihre Kindheit und Jugendzeit heute irgendwie „verdaddeln" und sich viel z
wenig an der frischen Luft bewegen.
 
(Ich mag diese Wege mit Licht und Schatten im Garten so sehr)
 

Ich habe gerne bei meiner Großmutter übernachtet. Sie war eine gute Zuhörerin,
Ratgeberin und Seelentrösterin. Oft bin ich mit meinen kleinen und scheinbar
großen Problemen zu ihr gegangen und habe ihr mein Herz ausgeschüttet. Sie
nahm sich immer Zeit und hatte immer ein offenes Ohr, auch, als mein erster
Liebeskummer mir schrecklichen Seelenschmerz zufügte. Ich fühlte mich behütet,
beschützt und umsorgt. Abgesehen von diesen kleinen und großen Problemchen,
die man als Kind so haben kann, war meine Kindheit eine schöne, unbeschwerte
Zeit.

 
Erst sehr viel später wird einem so richtig bewusst, wie unbeschwert diese Zeit
wirklich war, wie sorglos man als Kind in den Tag hineinleben konnte. Wie unvoreingenommen man anderen Kindern gegenüber war, wie neugierig auf
diese Welt, von deren Größe man absolut keine Vorstellung hatte.
Wie respektvoll man sich Erwachsenen und vor allem Lehrern gegenüber verhalten
hatte. Wie gutgläubig und offen man allem gegenüber noch war. Wie viele Fragen
einem als Kind so durch den Kopf gingen, was man alles wissen, sehen und lernen
wollte. (Das ist bei mir bis heute allerdings so geblieben. Die Fragen nehmen kein
Ende und gibt es eine Antwort, ergibt sich daraus gleich die nächste Frage).

Glaube nichts und niemandem, hinterfrage alles, hat mein Vater mir mit auf
dem Weg gegeben.
 
 
 
Als Kind macht man sich keine Vorstellung davon, dass es überhaupt einen Weg
gibt, der da vor einem liegt. Einen ganz eigenen Weg, den man als erwachsener
Mensch ganz alleine gehen muss, von dem man nicht weiß, wie beschwerlich er
sein kann, wohin er führt und wie lange die Wegstrecke sein wird. Man kommt
auch nicht wirklich irgendwo an.
Erst im Alter, wenn man sich in der Zielgeraden befindet, stellt man fest, dass
jeder Weg eines Tages ein Ende hat und welches das eigentliche und unvermeid-
liche Ziel im Leben ist.
 
Wie hätte ich als Kind auch ahnen können, dass mich mein Weg einmal um die
halbe Welt und wieder zurückführen würde. Welchen Sinn sollte das ergeben?
Rückblickend kann ich heute sagen, ich bin meinen Weg gegangen und alles, was
ich bisher erlebt, gelebt, gelernt und erfahren habe, hatte einen Sinn. Doch das
erkennt man wirklich erst im Nachhinein, viele, viele Jahre später.

(So schön, wenn die Sonne scheint und Schatten auf den Rasen wirft-
es ist wie im Leben, denn was wäre ein Lebensweg ohne Licht und Schatten?)
 
~*~
 
Ich habe auch nie darauf gehört, was andere gesagt, oder mir geraten haben,
sondern bin auf meinem Weg immer nur meiner inneren Stimme gefolgt und
es war und ist mir auch heute noch völlig egal, was andere von mir halten und
über mich denken.  Wenn man bedenkt, dass die meisten Menschen eh nicht
sagen, was sie wirklich denken, sondern »nur« höflich und nett sein wollen,
kann es einem wirklich egal sein. Mit dieser Einstellung macht man sich zwar
nicht unbedingt beliebt – aber schon Marie Ebner-Eschenbach ist zu der
Erkenntnis gelangt, dass uns nichts feiger und gewissenloser macht, als der
Wunsch, von allen Menschen geliebt zu werden.
Und damit hat sie absolut recht!
  
Wichtig ist mir eigentlich nur die Meinung meiner Freunde, auch wenn wir nicht
immer einer Meinung sind. Freunde sind sowieso das Beste, was einem Mensch
passieren kann. Ein Leben ohne Freunde kann ich mir gar nicht vorstellen.
Freunde sind gerade in der heutigen „kalten“ Zeit sehr wertvoll und ich bin
wirklich sehr dankbar, Freunde zu haben, die mich schon fast fünfzig Jahre
durch mein Leben begleiten.

(Was wäre ein Lebensweg ohne Freunde und Freude?)

 
Gemeinsam bei einem Glas Wein oder einer Tasse Kaffee in Erinnerungen zu
schwelgen. Über längst vergangene Zeiten zu plaudern und über kleine Episoden
zu lachen, zu fragen: Weißt du noch, damals, als wir……..?
Das ist soooo schön – das ganze Leben ist einfach schön,
genau wie die Erinnerungen daran.
 
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