Die NULL !
Die NULL, die ich einerseits gefürchtet habe und auf die ich andererseits neugierig
war. Die NULL, die einem plötzlich überdeutlich bewusst macht, dass die
verbleibende Wegstrecke absehbar ist.
Einerseits freue ich mich, es überhaupt bis hierher geschafft zu haben,
andererseits kommt auch Wehmut auf.
Wehmut, wenn ich z.B. an die NULL hinter der 5 denke.

Denn diese Fotos sind in dem Jahr entstanden, als die NULL noch hinter der 5 stand.
Nun steht die NULL wieder hinter einer Zahl und diese NULL macht deutlich,
dass es schon 20 Jahre her ist, als diese Fotos auf der Insel La Palma entstanden.
Zwanzig lange Jahre sind seitdem vergangen. Mit 70 blickt man bereits auf ein recht
langes Leben zurück. Ein Leben voller Höhen und Tiefen. Ja, es war recht bewegt
mein Leben. Ich habe viel von der Welt gesehen, bin vielen netten und weniger netten
Menschen begegnet. Ich habe viele interessante und weniger interessante Menschen
getroffen. Viele von ihnen werden mir immer in Erinnerung bleiben. Andere sind
gute Freunde geworden, von denen mich einige schon seit 50 Jahren durch mein
Leben begleiten.
Es ist erstaunlich, woran man sich an manchen Tagen plötzlich so alles erinnert. Vor
ein paar Tagen wanderten meine Gedanken nach Berlin, wo ich sieben Jahre lebte.
Während ich also in Gedanken über den Ku-Damm bummelte, tauchten auf einmal
Reinhold W. Timm, der bekannte Berliner Kunstmaler und Alexander Kerst vor
meinem geistigen Auge auf, mit denen ich so manchen Sommernachmittag bei einer
Tasse Kaffee im Café Möhring zusammensaß. Inzwischen sind beide verstorben.
Timmy im Alter von 69 Jahren schon 2001 und Alexander Kerst starb 2010 im Alter
von 86 Jahren.
Berlin war damals noch »gemütlich« - wie ein kleines Dorf, wo jeder jeden kannte.
Jedenfalls in bestimmten Kreisen mitten in der City. Das ist jetzt genau 50 Jahre her
Es passiert immer wieder, dass plötzlich Menschen vor meinem geistigen Auge
auftauchen und Erinnerungen an längst vergangene Zeiten wecken. In solchen
Momenten wird mir immer bewusst, wie viele dieser Menschen, denen ich damals in
Berlin begegnet bin, inzwischen verstorben sind. Es waren tatsächlich viele Schau-
spielerinnen und Schauspieler darunter. In ganz besonderer Erinnerung wird mir die
Begegnung mit Romy Schneider bleiben - eine ganz zarte, leise und zurückhaltende
Persönlichkeit.
Berlin war damals DIE Film-Fernseh- und Modemetropole. Es war eine schöne,
aber auch verrückte Zeit - die Zeit in Berlin Ende der 60er - bis Mitte der 70er Jahre
- die berühmten 68er Jahre, die Studentenrevolten, die Flower-Power-Zeit.
Heutzutage würde ich nicht mehr in Berlin leben wollen, selbst wenn ich jung wäre.
Die Stadt ist lange nicht mehr das, was sie einmal war. Schade eigentlich !
Es war eben eine ganz andere Zeit. Das Café Möhring gibt es übrigens auch nicht
mehr. Das traditionsreiche Kaffeehaus wurde nach 102 Jahren, wegen zu hoher
Mietkosten im April 2000 geschlossen. So schade !
Bis zum heutigen Tag hatte und habe ich ein Leben, für das ich sehr dankbar bin.
Ich habe ganz intensiv und bewusst mit allen Sinnen gelebt, wobei neben der
Berliner-Zeit, auch die vielen Jahre in der Karibik besonders erlebnisreich waren.
Ich habe so viele traumhafte Inseln erlebt. Inselparadiese, eins schöner als das
andere ! So wundervolle Momente! Momente, in denen ich vor lauter Freude und
Glückseligkeit die ganze Welt hätte umarmen mögen und auf der anderen Seite
Momente, in denen ich so unglücklich oder traurig war, dass meine Seele nicht
aufhören wollte, zu weinen und zu trauern.
Ich habe geliebt und gelacht, ich habe gelitten und geweint. Ich habe viel falsch,
aber auch viel richtig gemacht.
Die meiste Zeit habe ich jedoch auf der Sonnenseite meines Lebensweges ver-
bringen dürfen. Ich habe jeden Tag so genommen, wie er sich mir geboten hat,
war mal ganz unten und mal ganz oben - wie auf einer Achterbahn - immer in
Bewegung und ich bereue absolut nichts.
Bis auf wenige Ausnahmen habe ich immer auf meine innere Stimme gehört und
mich durch nichts und niemanden manipulieren lassen. Es war so abwechslungs-
reich und so turbulent, mein Leben.
Es war so voller Leben, so voller unvergesslicher Erlebnisse und Abenteuer.
Voller Glücksmomente und Momente des Bangens und Hoffens.
Voller Tragik und Komik, voller Dramatik und Überraschungen.
Voller Liebe und Leidenschaft, voller Tränen und Leid.
Voller Freude und voller Glückseligkeit. Mehr geht einfach nicht.
Ja, ich könnte ein Buch darüber schreiben. (Ein leider immer noch unvollständiges
Manuskript existiert bereits). Man könnte dieses Buch sogar verfilmen, weil es ein
sehr spannender Film wäre. Ein Film voller Liebe und Leidenschaft, voller Abenteuer
und unglaublicher Erlebnisse. Allein die Begegnungen und Erlebnisse mit ganz
außergewöhnlichen Menschen vor der traumhaften Kulisse der karibischen Inseln,
wären schon filmreif.
Eigentlich war mein Leben wie ein Traum und gerade deshalb bin ich so unendlich
dankbar für die Erinnerungen an mein vergangenes Leben. Das Leben selbst schreibt
tatsächlich die großartigsten, spannendsten und abenteuerlichsten Geschichten - wenn
man genug Mut aufbringt und ein bisschen risikofreudig ist.
Es war bisher ein außergewöhnlicher Weg - mein Lebensweg, der mir nun im hohen
Alter diese Zufriedenheit und das Glück beschert, meinen letzten Lebensabschnitt
auf dem Land, inmitten der Natur und in »meinem« geliebten Garten verbringen
zu dürfen.
Ich liebe diese Stille und ich freue mich über die Ruhe, die nun in mein Leben ein-
gekehrt ist. Jubel und Trubel, Massen von Menschen war noch nie mein Ding und
das brauche ich jetzt erst recht nicht mehr.
Vor allem bin ich dankbar, dass es mir auch heute noch gut geht und ich mich guter
Gesundheit erfreuen darf. Das wird nicht immer so bleiben, dessen bin ich mir bewusst,
aber auch dann, wenn es mir mal nicht mehr so gut gehen sollte, werde ich mich
bemühen, - so Gott will - in Würde alt zu werden.
Noch fühle ich mich überhaupt nicht alt - auch mit 70 nicht !
An einem runden »hohen« Geburtstag blickt man halt gerne mal auf sein
bisheriges Leben zurück und ich blicke gerne auf mein Leben zurück. Ich bin
sehr dankbar, dass ich mich auf meinem Weg frei bewegen und in Frieden
und Freiheit leben konnte, was ja heute leider keine Selbstverständlichkeit
mehr ist.
Jetzt, da ein neues Lebensjahr begonnen hat, hoffe ich dieses ebenfalls gesund,
mit Gelassenheit, Optimismus und Zuversicht, in Frieden und Freiheit leben
zu dürfen.
Man bleibt jung, solange man aufmüpfig ist, über sich selbst lachen kann
und das Leben liebt.
Ja, ich liebe das Leben, habe es immer geliebt -
daher fällt es mir auch irgendwie schwer mir vorzustellen,
dass es irgendwann - eines schönen Tages mal zu Ende sein wird.
Und dieser Tag wird unweigerlich kommen !
Wie gut, dass man nicht weiß,
wann es so weit sein wird.
(Eins der letzten aktuellen Fotos - da war ich noch 67 :-) )
*
Den 70sten gefeiert ?
Ein bisschen - aber nur, weil es ein runder Geburtstag war.
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Wenn wir alt werden, so beginnen wir zu disputieren,
wollen klug sein und sind doch die größten Narren.
Martin Luther
*
Wie wahr! Wie wahr !
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